Inspiration Mit dem Rad durch Schweden Westküste

Mit dem Rad auf dem Kattegattleden

Mit dem Rad durch Schweden

Wenig später erreiche ich Halmstad, just an dem Tag, an dem die berühmtesten Kinder dieser Stadt, die Band „Gyllene Tider“, in Göteborg ihr allerletztes Konzert geben. Ich esse in der ruhigen und gemütlichen Innenstadt zu Mittag, schaue mir das Schloss an, das noch aus der Zeit stammt, in der Halmstad zu Dänemark gehörte und radle dann „Gyllene Tider“ zu Ehren hinaus an den Strand Tylösand. Auch wenn dieser Strand in ganz Schweden bekannt ist, bin ich angesichts der Masse an Menschen eher weniger begeistert. Schließlich bin ich in den vergangenen Stunden an genügend ebenso schönen Stränden gewesen, die beinahe menschenleer waren.

Strand von Tylösand
Tylösand: bekannt, für mich aber doch eher abschreckend

Schnell geht es also weiter auf guten Radwegen bis nach Särdal. Dort mache ich Pause bei der alten Mühle, die nicht mehr in Betrieb ist, nun aber ein Café, eine Fotoausstellung und ein kleines Lädelchen hat, in dem es Marmelade, Saft, Einrichtungsgegenstände, Kunst usw. zu kaufen gibt. Tja, und was soll ich sagen: Das Café ist mal wieder unglaublich gemütlich. Weiße Gartenmöbel stehen draußen auf der grünen Wiese und unter schattigen Bäumen. Hier lässt es sich verweilen.

Särdals kvarn
Don Quichotte kämpft offensichtlich auch in Schweden gegen Windmühlen (hier gegen die Särdals kvarn); ich gegen die Versuchung der unzähligen Cafés.

Nur wenige hundert Meter nach der Mühle zweigt der Weg zum Enets Naturreservat ab. Dort mache ich einen Spaziergang direkt am Meer entlang. Schließlich muss die Kanelbulle auch verdaut werden.

Direkt am Meer liegt auch der Ugglarps Campingplatz, auf dem ich heute übernachte. Zwar hat er nicht allzu viel Charme und ist auch recht teuer, die Lage am Meer macht das aber mehr als wett. So kann ich abends auf den Felsen sitzen und den Sonnenuntergang genießen. Herrlich.

Sonnenuntergang am Kattegat in Schweden
Sonnenuntergang in Ugglarp

Tag 6: auf dem Kattegattleden bis nach Varberg

Mit nur etwa 60 Kilometer wartet heute eine kurze Etappe auf mich. Daher kann ich mir in Falkenberg, das ich nach weniger als einer Stunde erreiche, Zeit lassen. Falkenberg ist zwar recht überschaubar, hat aber einen netten Stadtkern mit alten Holzhäusern und der majestätischen Zollbrücke über den Fluss Ätran, der sich durch die Stadt windet. Die Törngrens krukmakeri ist zudem angeblich die älteste Töpferei Europas, die noch in Betrieb ist. Du findest sie – passend – in der Krukmakaregatan. Als ich da bin, hat sie aber geschlossen.

Tullbron in Falkenberg
Tullbron, die alte Zollbrücke in Falkenberg

Die Weiterfahrt nach Varberg enthält vieles, was den Kattegattleden ausmacht. Der Weg führt auf gut ausgeschilderten Radwegen oder auf kleinen, kaum befahrenen Straßen durch weite Felder. Im Westen taucht immer wieder das Meer auf. Mal kommt der Wind von der Seite, mal von hinten, gefühlt aber doch meist von vorne. Ich durchquere kleine Dörfer, in denen kaum etwas los ist. Es ist landschaftlich keine sonderlich abwechslungsreiche oder aufregende Etappe, aber es wirkt sehr beruhigend und entspannend, durch die Weite zu radeln und den Wind zu spüren (auch wenn er natürlich gerne öfters von hinten kommen könnte …).

Kurz vor Varberg wird es dann wieder abwechslungsreicher. Zuerst fahre ich an Stränden vorbei, an denen reges Leben herrscht. Es geht weiter vorbei an felsigen Klippen, die die Küstenlandschaft bei Göteborg und in Bohuslän bereits ankündigen. Dann komme ich bei der Festung und im Hafen von Varberg an. Hier herrscht nun regelrechter Trubel. Auch wenn der schwedische Sommer schon auszuklingen scheint, hier kommt das Sommerleben nochmal auf Touren.

Kallbadshuset und Festung in Varberg
Kallbadshuset und Festung in Varberg

Nachdem ich ein wenig durch die Stadt geschlendert bin, radle ich die letzten zehn Kilometer bis zum Campingplatz Kärradal-Varberg. Zum ersten Mal stelle ich mein Zelt auf einem Platz auf, der sich vor allem an Dauercamper richtet und keinen Aufenthaltsraum hat. Weiter schlimm ist es nicht, aber es fällt auf, da die Campingplätze in Schweden ansonsten meist perfekt für Reisende mit Zelt sind.

Tag 7: von Varberg nach Göteborg

Eigentlich sollten zwei entspannte Etappen zum Schluss kommen. Da für morgen aber heftige Wolkenbrüche vorhergesagt sind, entscheide ich mich dazu, die gesamten restlichen 90 Kilometer bis Göteborg durchzufahren. DA ich dort bei Freunden wohne, kann ich auch spät am Abend ankommen, was mich beruhigt, da ich mir dann trotz allem Zeit für die schönen Momente lassen kann.

Und von denen gibt es einige auf dieser letzten Etappe!

Ein erstes kleines Highlight ist die Bäckerei „Kvarnbageriet“, die ich in einem ziemlich unansehnlichen Fabrikgebäude in Väröbacka finde. Die Großbäckerei hat hier auch einen kleinen Verkaufsstand, wo ich mir eine ofenfrische Kanelbulle gönne. Was gibt es Schöneres zum Auftakt einer langen Tagesetappe!

Einige Kilometer vor Kungsbacka lasse ich dann den Kattegattleden hinter mir zurück. Zunächst biege ich nach links ab, um das Tjolöholm Schloss anzuschauen. Das Schloss bringt ein wenig britische Noblesse auf die Landzunge, die sich hier ins Kattegat streckt, und ist hübsch anzuschauen.

Wenig später verlasse ich den Radweg auf der rechten Seite. Denn hier wartet das Naturschutzgebiet „Fjärås bräcka“. Dabei handelt es sich um eine mächtige Gletschermoräne, die sich in der letzten Eiszeit gebildet hat und hinter der sich nun der See Lygnern staut. Der Ort war bereits in der Steinzeit und dann später im Eisenzeitalter ein wichtiger Siedlungsplatz, wovon die uralte Grabstätte zeugt. Im 19. und 20. Jahrhundert wurde die Moräne genutzt, um Kies für den Eisenbahnbau zu gewinnen, sodass bald der gesamte Erdwall gefährdet war, was dazu führte, dass Fjärås bräcka unter Schutz gestellt wurde und nun seit 1976 Naturreservat ist. Hier lässt es sich wunderbar wandern. Oder man genießt einfach die Aussicht und eine Fika-Pause im Naturum.

Grabfeld bei Fjärås bräcka
Uraltes Grabfeld bei Fjärås bräcka

Kungsbacka ist ein Städtchen, das man nach kurzer Zeit wieder verlassen kann. Die Zeit will anders genutzt werden. Denn nun nähere ich mich allmählich Göteborg. Die Schären beginnen. Und jeder, der mich kennt, weiß, wie sehr ich die Schären liebe. Zwischen den felsigen Inseln tauchen kleine, bunte Bootshäuser auf. Segelboote dümpeln gemächlich auf dem Wasser. Aller Stress scheint hier ganz, ganz weit weg zu sein. Ich fühle mich zu Hause.

Schärenlandschaft bei Göteborg
An der Küste kurz vor Göteborg

Langsam radle ich weiter, bleibe hier und da stehen, um das Glitzern des Meeres in der Abendsonne zu genießen, und nähere mich so ganz allmählich der Großstadt.

So rolle ich tiefenentspannt in meinem Zielort Göteborg ein. Im Schlosspark wird gerade das Festival „Way out West“ vorbereitet, in der Stadt steigt das Kulturfest „Kulturkalaset“. Im Nu hat mich die Stadt wieder in ihren Bann gezogen. Nach den Tagen einsam auf dem Rad und größtenteils in ländlichen Gegenden freue ich mich nun auf ein paar Tage Göteborg!

Ziel bzw. Start des Kattegattleden in Göteborg
Ziel bzw. Start des Kattegattleden in Göteborg

Am Hauptbahnhof endet (bzw. beginnt) der Kattegattleden. 370 Kilometer in vier Tagen sind geschafft! Es ist ein wunderschöner Radweg, den ich allen nur wärmstens ans Herz legen kann!

Nach ein paar Tagen Pause in Göteborg geht es weiter ins Landesinnere, über den Vättern nach Småland, wo die diesjährige Tour endet.

Zur Packliste für dein Fahrradabenteuer geht es hier lang.

Die Fahrt mit dem Zug durch Deutschland war lang und insbesondere die Planung spannend. Spannender, als es mir lieb war. Meine Erfahrungen mit dem Rad in Bus und Bahn kannst du hier nachlesen.

Du suchst nach mehr Inspiration, auf welchen Wegen du Schweden mit dem Rad erkunden kannst?

  1. Gute Reise!!

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