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„Eine kurze Geschichte der nordischen Welt“ – eine Rezension

Eine kurze Geschichte der nordischen Welt Cover Beitragsbild

Bücher können glücklich machen. Manchmal schon allein dadurch, dass man sie in Händen hält und durchblättert. Ein solches Buch ist „Eine kurze Geschichte der nordischen Welt“ von Michael Engelbrecht, das im Oktober 2019 im Gmeiner Verlag erschienen ist.

Cover von "Eine kurze Geschichte der nordischen Welt"
Bild: Gmeiner Verlag

Geschichte ist grau und eine Aneinanderkettung von Zahlen und Ereignissen? Was früher geschehen ist, hat zudem nichts mehr mit uns heute zu tun? Und auch Historiker und ihre Werke sind alle irgendwie angestaubt? Wer so von Geschichte denkt, der sollte dringend Engelbrechts „kurze Geschichte der nordischen Welt“ lesen, denn er wird schnell erkennen, dass Geschichte lebendig, spannend und bunt ist und weit über den schnöden Zahlenstrahl hinausgeht.

Dem jüngst verstorbenen Kieler Historiker Engelbrecht ist mit diesem Werk etwas Besonderes geglückt. Es soll nur eine „kleine Geschichte“ sein, zugleich aber den gesamten Norden abdecken. Die Gefahr, einen oberflächlichen Abriss der Geschichte abzuliefern, ist da groß. Engelbrecht hat diese Klippe aber meisterhaft umschifft. Er konzentriert sich nicht auf die Ereignis-, sondern auf die Kulturgeschichte. Dabei beleuchtet er zentrale Entwicklungen und greift für die Darstellung eine bestimmte Region des Nordens heraus. Es wird also nicht die gesamte Geschichte aller nordischen Länder erzählt (Das wäre schließlich auch ein Wahnsinn!). Vielmehr richtet Engelbrecht den Scheinwerfer mal hierin, mal dorthin; dies geschieht aber nicht wahllos, sondern so, dass sich am Ende aus mehreren Puzzleteilen ein harmonisches Ganzes ergibt. Garniert wird dies mit ausgewählten Rezepten, passend zur beschriebenen Region und Zeit. Auch das Kulinarische ist eben Teil von Kultur und Geschichte.

Schön illustrierte Karten

Was ist eigentlich der Norden?

Zunächst diskutiert der Historiker die Frage, was denn überhaupt der Norden ist. Gehören beispielsweise die britischen Inseln oder Grönland dazu oder nicht? Wo beginnt der Norden? An der deutsch-dänischen Grenze oder doch vielleicht schon etwas südlicher? Engelbrecht fasst den Norden von Grönland im Westen bis Estland im Osten, von Schleswig im Süden bis Spitzbergen im Norden. Durchaus eine große Region, die sowohl geografisch als auch historisch viele verbindende Elemente, aber auch Unterschiede aufweist. Zeitlich beginnt diese „kurze“ Geschichte in der Steinzeit vor 12.000 Jahren und sie reicht bis in die heutige Zeit mit ihren neuen Herausforderungen.

Die Kulturgeschichte ist durchaus wissenschaftlich, dabei aber immer locker und leicht zu lesen. Kleine Anekdoten zur Mythologie, zum Bierbrauen oder zur Musik machen aus dem Geschichtsbuch eher ein Geschichtenbuch. Und so lernt man im Vorbeigehen viele Dinge, die man zunächst vielleicht in einem Geschichtswerk nicht erwartet.

Eine „kurze Geschichte“ und viele Rezepte

Das Besondere an diesem Buch ist aber, dass Geschichte mit der Kulinarik des Nordens verknüpft wird. Am Ende jedes größeren Kapitels folgen ein paar Rezepte, die thematisch auf das jeweilige Kapitel abgestimmt sind. Das fängt an bei jungsteinzeitlichem Getreidebrei, geht weiter mit einem deftigen Wikingerfrühstück bis hin zum Krebsessen bei einer schwedischen kräftskiva. Geschichte zum Nachkochen also. Dass der Autor Humor hat, beweist er immer wieder: So folgt dem Kapitel über die Zeit der Vasa-Könige ein Rezept zur schwedischen Erbensuppe. Kurz davor wurde berichtet, wie der schwedische König Erik XIV. ermordet wurde – vermutlich mittels einer vergifteten Erbsensuppe.

Rezept in "kurze Geschichte der nordischen Welt"
Rezept für schwedische Erbsensuppe

Aufräumen mit Mythen

So wird der Leser leicht, stellenweise amüsant, aber immer interessant durch die verschiedenen Episoden der nordischen Geschichte geleitet. Zugleich räumt der Autor aber auch auf mit Mythen, überkommenen Bildern oder Zerrbildern, vor allem von einem „Germanentum“ oder einer „nordischen Rasse“, wie sie in rechten Kreisen bis heute kursieren. Diese Vorstellungen nimmt der Historiker im Ton wissenschaftlich-sachlich, in der Sache radikal auseinander. Gut so!

So kommt am Ende eine abwechslungsreiche und schön zu lesende „kurze Geschichte der nordischen Welt“ heraus, eine Kulturgeschichte, modern, zeitgemäß und amüsant, die nicht nur Geschichtsinteressierte begeistert.

Blick ins Buch "Eine kurze Geschichte der nordischen Welt"
Viele Farbfotos machen das Buch zusätzlich lebendig.

Schon der Inhalt macht dieses Buch also besonders. Die hochwertige und aufwändige Gestaltung des Buchs lassen es zu einem werden, das glücklich macht. Gleich beim Aufschlagen des Hardcovers schaut dem Leser eine toll illustrierte Karte des Nordens entgegen, die einlädt, sofort weiterzublättern und mit dem Lesen zu beginnen. Auch an anderen Stellen tauchen Karten im gleichen Layout wieder auf. Viele Farbfotos und nicht zuletzt die ansprechende Gestaltung der Rezepte runden das Äußere gelungen ab.

Karte auf der Innenumschlagseite von "Eine kurze Geschichte der nordischen Welt"
Ein erster Hingucker: Karte auf der Innenumschlagseite

Ein im wahrsten Sinne des Wortes genussvolles Buch, das in den Bücherregalen vom Norden Begeisterter nicht fehlen darf! Eine klare und eindeutige Leseempfehlung!

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Wir bedanken uns ganz herzlich beim Gmeiner Verlag für das Zusenden eines Rezensionsexemplars!

Auf elchkuss.de findest du noch viele weitere Rezensionen zu Büchern rund um den Norden.

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