Im März 2020 gibt es weltweit nur ein Thema: Corona. Dadurch ging nahezu völlig unter, dass Stockholm eine neue Sehenswürdigkeit bekommen hat. Auch sie kommt aus China, ist aber vollkommen ungefährlich: die „Guldbron“, die goldene Brücke, die Södermalm mit Gamla Stan verbindet.
2003: Fünf Tonnen Beton müssen aus der Konstruktion der Slussen-Brücke entfernt werden. Zu groß ist die Gefahr, dass sie herabstürzen und Passanten verletzen. Es ist der Höhepunkt in einer langen Reihe von Ausbesserungen, notdürftigen Reparaturen und Improvisationen an der Brücke zwischen Södermalm und Gamla Stan. Zudem senkt sie sich aufgrund des massiven und schweren Verkehrs, für den sie nicht ausgelegt ist, zunehmend ab. Vom Verkehrschaos und der wirren Verkehrsführung einmal ganz zu schweigen.
Es ist klar: Slussen muss neu gestaltet werden.
Den Verkehrsknotenpunkt kann man mit gutem Recht als neuralgisch bezeichnen. Zentrale Straßen mit Verzweigungen verlaufen hier; etliche Fußgänger und Radfahrer überqueren das Wasser zwischen Södermalm und Gamla Stan; U-Bahnen und Züge verkehren; ein Busbahnhof ist halb unterirdisch verbaut; und unter den Brücken verkehren Boote, die durch die Schleuse (schwedisch „slussen“) müssen, denn hier treffen Ostsee und der See Mälaren und damit Salz- und Süßwasser aufeinander.
1934/35 wurde der Slussen-Komplex mit Brücken und Schleuse gebaut – damals natürlich noch für ganz andere Verkehrsverhältnisse. Seit den 1990er Jahren stand fest, dass Slussen neu gedacht werden musste. Nach Architekten-Wettbewerben, Abstimmungen, verworfenen und wieder aufgegriffenen Plänen und unzähligen Debatten stand schließlich fest: Es wird ein neues Slussen geben, womit das Projekt „Nya Slussen“ geboren war. Geplant wurde es von den Architektenbüros Foster + Partner und Berg Arkitektkontor. Im Jahr 2016 begannen die ersten Bauarbeiten. Bis 2027 soll alles fertig sein.
Guldbron – auf goldenen Wegen nach Gamla Stan
Ein entscheidender Bestandteil des gesamten Projekts ist seit 11. März 2020, 14 Uhr, in Stockholm: „Guldbron“, die Goldbrücke. Sie kam per Schiff. Aus China. In einem Stück. Die Bilder von der Anlieferung sind beeindruckend, weshalb viele Menschen auf den Aussichtsterrassen von Södermalm und an den Uferstraßen von Gamla Stan standen, um sich das Spektakel anzuschauen.
Die Ankunft der Brücke kannst du auf SVT verfolgen.
Mit einem speziellen Schiff wurde die Stahlbrücke aus China nach Schweden geschippert und dort auf Pontons ins Wasser gelassen. 140 Meter ist sie lang, 45 Meter breit und 3700 Tonnen schwer. Offiziell heißt sie „Slussens nya huvudbro“ (Slussens neue Hauptbrücke), aufgrund ihres goldenen Anstrichs wird sie aber schon jetzt nur „Guldbron“ genannt. Nach ihrer Ankunft wurde sie verbaut und in Betrieb genommen. Seit 25. Oktober 2020 ist sie für Fußgänger geöffnet. Schon bald sollen auch Auto- und Radfahrer auf goldenen Wegen nach Gamla Stan gelangen. Auch eine Straßenbahnlinie kann später noch eingeplant werden.
Stockholm hat eine Sehenswürdigkeit mehr.
Und sie wird nicht nach ein paar Jahrzehnten bröckeln. Zumindest ist sie für 120 Jahre ausgelegt. Goldene Zeiten also.
Beitragsbild: Illustration von DBOX / Projekt Slussen