Die Schweden hissen ihre Flagge gerne und häufig. Vor jedem zweiten Haus steht ein Mast, an dem das gelbe Kreuz auf blauem Grund flattert – wenn nicht als Fahne, dann doch zumindest als Wimpel. Doch woher kommen die Flagge, das Kreuz und die Farben? Dazu müssen wir fast 800 Jahre in der Geschichte zurückreisen:
Wir schreiben den Abend des 15. Juni 1219. Vor einigen Tagen sind die dänischen Krieger und Ritter auf estnischem Boden gelandet. Auf einer leichten Anhöhe haben sie eine provisorische Befestigungsanlage errichtet: Castrum Danorum (die dänische Burg, auf Estnisch: Taani-linn). Da ertönt der Warnruf: Angriff! Die Esten wollen die dänischen Eindringlinge nicht auf ihrem Land und Boden haben. Von fünf Seiten greifen sie gleichzeitig an und überrumpeln die Dänen vollständig. Der Dänen-König Valdemar hat große Schwierigkeiten, dass seine Mannen nicht in Panik davonlaufen. Die Dänen werden zurückgedrängt, schließlich fällt der mitgereiste Bischof Theoderik, alles deutet auf ein Fiasko für die Dänen hin.
Eine Flagge als Rettung
Doch da! Vom Himmel schwebt eine Fahne herab – ein weißes Kreuz auf rotem Grund. Dazu vernimmt König Valdemar eine Stimme, die ihm sagt, dass er siege, wenn er diese Fahne hisse. Der König folgt der Stimme, er hisst die Kreuzflagge und – gewinnt die Schlacht. Ein göttliches Wunder ist geschehen. Die Geburt der dänischen Flagge Dannebrog (oder Danebrog).
Die Notlage der dänischen Ritter auf ihrem Kreuzzug gegen die heidnischen Esten sowie die plötzliche Wende des Kriegsglücks sind belegt und somit wahrscheinlich historisch. Die vom Himmel schwebende Flagge ist hingegen natürlich nur eine Legende. Tatsache ist aber auch, dass die Dänen seit dem 13. bzw. spätestens dem 14. Jahrhundert eine rote Flagge mit weißem Kreuz verwenden.
Doch was hat das alles nun mit der schwedischen Fahne zu tun?
Nun, die dänische Flagge wurde Vorbild für alle anderen im Norden. Von Island bis Finnland, von Bornholm über Gotland bis zu den Färöer-Inseln, ja, selbst zu den Orkneyinseln – überall flattert das gleiche Kreuz. Nur die Farben und manche Nuancen sind anders. So haben einige Kreuze, wie zum Beispiel das norwegische, einen Rand, das finnische ist etwas dicker, aber das sind nur Kleinigkeiten. Und so war die dänische Flagge Dannebrog eben auch für die schwedische ein Vorbild. Die (mythologische) Herkunft aus den Kreuzzügen im Baltikum unterstreicht zudem die ohnehin eindeutige Symbolik des Kreuzes als Sinnbild für das Christentum.
Während der Kalmarer Union zwischen Dänemark, Norwegen und Schweden gab es wohl schon eine Fahne, in der das goldene Kreuz bereits vorkam. Hier allerdings – da wird der dänische Einfluss auf die Union sichtbar – vor rotem Hintergrund.
Wann erblickte die schwedische Flagge das Licht der Welt?
Wann genau das schwedische Kreuz zum ersten Mal auf einer Flagge prangte, ist nicht ganz klar. Es muss irgendwann nach der Auflösung der Kalmarer Union und nach der Thronbesteigung durch Gustav Vasa im Jahr 1523 gewesen sein. Dokumentiert ist die schwedische Flagge erstmals 1569.
Die Farben sind hingegen schon älter. Blau und Gold sind bereits im Mittelalter als die schwedischen Farben bekannt. So ist das Tre Kronor-Wappen blau und gold, ebenso die Wappen des Folkunga-Geschlechts, eine mittelalterliche Herrscherfamilie, aus der verschiedene Könige und unter anderem auch der Gründer Stockholms, Birger Jarl, stammen.
Was bedeuten die Farben?
Der genaue Ursprung der Farben ist unklar. Man weiß nur, dass sowohl Blau als auch Gold in der mittelalterlichen Heraldik beliebte Farben waren und in Schweden oft zum Einsatz kamen.
Im Gesetz über die schwedische Flagge werden die Farben etwas unscharf festgelegt: „Flaggans färg är ljust mellanblå på fälten och guldgul på korset.“[1] Der Hintergrund soll also ein helles Mittelblau sein, das Kreuz goldgelb. Wer es ganz konkret braucht, wird in der Verordnung mit Richtlinien für die Farbnuancen der schwedischen Flagge fündig.
Wann wird geflaggt?
Für dich als Einzelperson gibt es keine Vorschrift, wann und wie lange du flaggen darfst. Doch es gibt Traditionen und ungeschriebene Gesetze, die meist aus der Marine stammen, an die du dich halten kannst bzw. solltest. So solltest du nicht nachts die Flagge hissen. Zwischen 1. März und 31. Oktober wird ab 8 Uhr geflaggt, in der Winterzeit ab 9 Uhr. Bei Sonnenuntergang, spätestens jedoch um 21 Uhr, wird die Flagge wieder eingeholt. Dumm nur, wer nördlich des Polarkreises wohnt, wo die Sonne im Winter nicht mehr aufgeht. Das Militär in Kiruna flaggt zwischen 9 Uhr und 11:30 Uhr, was als Empfehlung herangezogen werden kann.
Welche Tage dir wichtig erscheinen, um Flagge zu zeigen, das ist dir überlassen. Offizielle Beflaggungstage sind neben dem Nationalfeiertag am 6. Juni wichtige religiöse Festtage (Weihnachten, Ostern, Pfingsten), royale Geburts- und Namenstage, aber auch Tage wie der 1. Mai, Midsommar und der Nobeltag. Auf dieser Seite findest du eine genaue Übersicht über alle offiziellen schwedischen Beflaggungstage.
[1] https://lagen.nu/1982:269
Beitragsbild: Carolina Romare / imagebank.sweden.se
Nicht nur die Fahne, sondern auch die schwedische Nationalhymne hat eine ganz spannende Geschichte.