Auswandern

Auswanderer-Geschichten 6: der Traum vom eigenen Reiterhof

Reiterhof in Schweden

Sie wollte nicht auswandern, doch bei der Aussicht auf einen eigenen Reiterhof wurde sie schwach. Nach Jahren des Pendelns zwischen Schweden und Deutschland ist Melanie inzwischen voll in Schweden angekommen:

Viele sagen uns immer, wie mutig es doch war, auszuwandern. Ich selbst weiß, dass wir viel Glück gehabt haben. Aber wir haben uns das Glück auch erarbeitet und Chancen, die sich uns geboten haben, wahrgenommen. Glück allein hilft nichts, wenn man es im richtigen Moment nicht annimmt.

Aber zurück zum Anfang: Ich wollte eigentlich nie auswandern, meinen Mann zog es schon länger aus dem übervollen Deutschland heraus und das entschleunigte Skandinavien war genau sein Ort. Aus verschiedenen Irrungen und Wirrungen heraus suchten wir dann irgendwann ein neues Heim für uns, unsere drei Pferde, sieben Frettchen und einen Hund. Und als ich so durch die Online-Magazine im Pferdebereich stöberte, tauchte die Anzeige auf:

„Reiterhof in Südschweden zu verkaufen“

Bei dem Bild wurde ich direkt schwach. Und endlich mein Hobby zum Beruf machen? Verlockend. Zwei Tage Bedenkzeit gab ich mir und reichte dann die Anzeige an meinen Mann weiter. Der Rest wurde (fast) zum Selbstläufer: Der Hof war so gelegen, dass man von uns aus mit RyanAir billig in die Nähe (ca. 60 km – Växjö) fliegen konnte. Anschauen war also problemlos möglich.

Aber die Flugverbindung öffnete uns nicht nur die Tür zum Anschauen, sondern auch den Gedankengang: Kann ich meinen Job behalten? Konnte ich: Mit einer Mischung aus Homeoffice und Pendeln nach Deutschland konnten wir mit Netz und doppeltem Boden die Auswanderung in Angriff nehmen. Im Oktober 2011 flogen wir rüber und schauten uns verschiedene Häuser an, aber es war schnell klar, dass nur DAS Häuschen in Frage kam. Zumal die Besitzer uns ermöglichten, das Haus erstmal zu mieten, da wir mit einer deutschen Bank kein schwedisches Liebhaberobjekt finanziert bekamen und die schwedischen Banken auch nicht „Juhu“ schrien.

Umzug mit Sack und Pack, Pferden und Frettchen

Im Juli 2012 war es dann so weit: Wir packten unsere Koffer und alle Tiere ein und auf ging es nach Schweden. Der Umzug verlief etwas chaotisch, da uns das Umzugsunternehmen einfach sitzen ließ. So mussten wir kurzfristig noch einen LKW organisieren und alles selbst machen. Der schöne Plan mit Fahrerwechsel und einem lockeren Losfahren am Montagnachmittag war dahin. Wir aktivierten alle Freunde und Bekannte und konnten nachts um 22:30 die Klappe des LKWs schließen. Nach zwei Stunden Ruhezeit sind wir dann los, 17 Stunden später (wir brauchten einfach viele Pausen) waren wir endlich im neuen Heim angekommen und wurden herzlich begrüßt.

Die Hauseigentümer halfen uns wirklich viel. Schließlich führten sie selbst 20 Jahre lang einen Reitbetrieb, den sie nur aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hatten. Die Freude war einfach groß, dass endlich wieder Pferde einzogen. Sie waren es auch, die uns beim Aufbau unserer kleinen Ranch halfen: Welche Anträge muss man bei wem stellen usw.? Ehe ich mich versah, hatte der Reiterhof auch eine Facebook-Seite. Im April 2013 konnten wir dann offiziell mit dem Segen des Skatteverkets eröffnen. Natürlich musste unser Pferdebestand wachsen und ich konnte meine schwedischen Sprachkenntnisse erweitern. Die ersten Reitgäste (Touristen aus der Umgebung) kamen dann im Sommer, sowie auch die ersten schwedischen und deutschen Reitschüler.

Reiterhof in Schweden
Der Reiterhof wächst

Der Reiterhof wächst schnell

Im Folgejahr beschlossen wir, dass wir eine eigene Unterkunft für Reitgäste benötigen, woraufhin mein Mann seine erste kleine Stuga mit 20 qm baute. Das ist ja glücklicherweise alles sehr unkompliziert hier. Reitferien in Schweden waren eine Marktlücke und so waren wir direkt im ersten Jahr gut ausgebucht. Je mehr aber die Ranch wuchs, desto weniger konnte ich mein Arrangement mit meinem deutschen Arbeitgeber halten und so einigten wir uns nach zweieinhalb Jahren Pendeln darauf, dass ich nur noch selbstständig für meine alte Firma tätig bin und meine Zeit besser einteilen kann. Wir hatten schon sehr viel Glück, dass sich mein alter Arbeitgeber darauf einließ, aber ich hatte natürlich in den Vorjahren auch viel dafür gearbeitet, dass ich ihm wichtig genug für ein solches „Experiment“ war.

Die Eltern ziehen ebenfalls nach Schweden

Unser Reiterhof sollte aber noch weiter wachsen. Denn es bot sich die Gelegenheit, dass wir – nachdem der Kauf unseres kleinen Hauses doch durch die schwedischen Banken goutiert wurde – auch noch das Nachbarhaus kaufen konnten. Wir kalkulierten es durch, sprachen mit meinen Eltern – und ein paar Monate später zogen noch zwei Deutsche nach Schweden. Das Nachbarhaus hat zwei Wohneinheiten und so wohnen jetzt meine Eltern dort und wir haben noch eine Ferienwohnung zur Vermietung.

Der Umzug meiner Eltern war auch ein Glückstreffer, da im Dezember 2016 unser kleiner Sohn die Familie komplettierte. Endlich fühlten wir uns so wohl, dass wir eine Familie gründen wollten. Und mit der Oma in der direkten Nachbarschaft läuft es wie geschmiert.

Du möchtest Urlaub auf dem Reiterhof Ranch 52 machen? Hier findest du weitere Informationen.

Ausflug auf dem Reiterhof
Reitausflug in Schweden

Was sind die Vorteile an Schweden?

  • die Ruhe und Gelassenheit, viel Natur und viel Platz, wenig Menschen
  • wir haben eine tolle Nachbarschaft, die uns sehr unterstützt (und sich freut, dass mal wieder etwas los ist)
  • keine Staus; man braucht die Zeit für eine Strecke, die man einfach braucht. Das ist wirklich ein großer Stressfaktor in Deutschland und immer wieder ein Grund, dass ich mich nach Schweden sehne, wenn ich in Deutschland bin.

Was sind die Nachteile an Schweden?

  • manchmal kann einen die Gelassenheit schon in den Wahnsinn treiben.
  • wenig Menschen bedeutet auch ein kleineres Angebot an so gut wie allem; Ebay funktioniert hier nicht, blocket.se ist nicht vergleichbar; wir bestellen schon viel in Deutschland, da das Angebot und Preis-Leistungs-Verhältnis einfach besser ist.
  • Tierärzte! – wenn man mal einen bekommt, dann sind sie unglaublich teuer. Dienstleistungen insgesamt sind sehr teuer und man lernt, vieles einfach selber zu machen, was durchaus auch als Vorteil zu bewerten ist (manchmal ist die eigene Arbeit sogar qualitativ besser, die handwerkliche Ausbildung in Schweden reißt mich bislang nicht vom Hocker).

Durch diesen Blogbeitrag stieß das ZDF auf Melanies Reiterhof und stattete ihm einen Besuch ab. Herausgekommen ist dieser sehr sympathische Beitrag:

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Du bist selbst nach Schweden ausgewandert oder hast es vor? Was sind deine Erfahrungen? Hinterlasse gerne einen Kommentar!

Alle Bilder in diesem Artikel: Melanie Gruner

  1. Hejsan??
    Mein Mann und ich sind selbst 2015 nach Schweden ausgewandert und bereuen diesen Schritt gewagt zu haben keine einzige Minute. Selbst bin ich Pferdetrainerin und das witzige an dieser gerade gelesen Auswandergeschichte ist, ich selbst habe mich 2017 zu einer Trainerausbildung in DE beim Michael Geitner angemeldet. 2018 im Januar war es dann soweit und ich flog nach DE ins schöne Bayern, um meine neue Reise anzutreten. Da noch kein Trainer mit dieser Trainingstechnik in Schweden unterwegs war und ich selber schon seit Jahren damit arbeitete, dachte ich, wow, das ist eine tolle Erweiterung meines Angebots.
    In DE angekommen, vom Hotelgesitzer abgeholt worden erfuhr ich, das eine weitere Schweden ebenfalls kommen würde und so traf ich am selbigen Abend auf Melanie Gruner (Ranch 52). Nun sind wir beide ausgebildete Geitner-Trainer und werden die Equikinetic und Dualaktivierung in Schweden integrieren. Wie klein die Welt ist, wie spannend Menschen zu treffen, die ebenfalls ausgewandert sind, wie aufregend die Zukunft ist???.

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