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Das Dalahäst – ein Holzpferd wird zum Symbol Schwedens

Ein kleines Pferd, normalerweise nur ein paar Zentimeter hoch, hat es zum schwedischen Nationalsymbol geschafft. Es ist aus Holz, meist rot angemalt und wird bis heute in Handarbeit in Dalarna gefertigt – das Dalahäst. Aber wieso ist ausgerechnet dieses Holzpferd das meistverkaufte Souvenir, das Schwedenbesucher mit nach Hause nehmen? Auf der Spurensuche müssen wir bis ins 17. Jahrhundert zurück zu einem wütenden Bischof, einen Abstecher nach New York machen, vor allem aber nach Nusnäs an den Siljansee blicken.

Allein in Nusnäs werden jährlich Dalahästar im Wert von 24 Millionen Kronen (etwa 2,4 Millionen Euro) verkauft. Kein Souvenir wird häufiger von Touristen gekauft als ein Dalahäst. Da können selbst der Elch oder Pippi nicht mithalten. Dabei sind die Holzpferde zunächst einmal nur etwas Typisches für die Region, aus der sie stammen, für Dalarna, und nicht für Gesamtschweden.

Das Dalahäst ist Handwerkstradition.

Dalarna und insbesondere die Region um den Siljansee werden häufig auch als das „Herz Schwedens“ bezeichnet. Weniger deshalb, weil Dalarna in der Mitte des Landes liegt, sondern vielmehr darum, weil hier Traditionen noch lebendig sind und hochgehalten werden. Nicht aber in einer kitschig-historisierenden Weise, sondern sehr authentisch. Sie sind hier einfach Teil des Lebens und gehören fest zum Alltag dazu. Vielleicht ist das ein Grund für den Erfolg der Holzpferde aus dieser Region. Sie sind Sinnbild für die Tradition und stehen damit für etwas Ursprüngliches.

In Dalarna sind Traditionen noch lebendig; Foto: Per Bifrost / imagebank.sweden.se

Zwar gibt es die Dalahästar mittlerweile in allen möglichen Farben. Ganz der Tradition entsprechend sind sie aber rot. Sie tragen einen Sattel, der ebenso wie Halfter und Zügel in Weiß und Blau (oder Grün) gehalten ist. Die Bemalung der Tiere folgt dem Kurbitsstil, eine dekorative Malkunst, die absolut typisch für Dalarna ist. Pflanzen und Gewächse werden in diesem farbenfrohen Stil fantasiereich und mit übergroßen Blumen und Blättern ausgestaltet.

Bemalt werden die Dalahästar erst ungefähr seit den 1830er Jahren. Die Pferde selbst werden aber bereits seit dem 17. Jahrhundert (oder wahrscheinlich schon früher) in Dalarna hergestellt. Zunächst waren sie eher Nebenprodukte. Schnitzereien, angefertigt von Tischlern, Holz- und Waldarbeitern Dalarnas, die die langen Winternächte schließlich auch irgendwie herumbekommen mussten. Als einfaches Spielzeug wechselten sie auf den Märkten Mittelschwedens ihre Besitzer. Auch fahrende Händler, die von Hof zu Hof zogen, hatten sie oftmals in ihrem Sortiment.

Ein Bischof beschimpft das Dalahäst – eine Ersterwähnung der speziellen Sorte

Das erste Mal, dass ein Holzpferd in den Quellen belegt ist, ist das Jahr 1624. In diesem Jahr tauchen sie in einer Predigt des Bischofs von Västerås, Johannes Rudbeckius, auf. Wirklich gut auf die Holzpferde zu sprechen, ist er nicht gerade. In der Predigt wettert er gegen alles Mögliche, das die Menschen verderbe, keinen Nutzen habe und nur den Unverständigen das Geld aus der Tasche ziehe. Spielkarten und Würfel zum Beispiel. Auch Puppen. Und eben Holzpferde.

Den Bewohnern Dalarnas scheint diese Schimpfpredigt herzlich egal gewesen zu sein. Pferde waren für die Menschen, die sich hauptsächlich als Bauern, Wald- oder Grubenarbeiter verdingen, von größter Bedeutung und zudem ein Zeichen von Stärke. Also schnitzen sie einfach weiter.

Ein großes und ein kleines Dalahäst
Eine Sünde, wie vom Bischof 1624 gepredigt? Wohl eher nicht.

Drei Brüder und zwei Unternehmen in Nusnäs

1922 rückt dann der kleine Ort Nusnäs bei Mora am Siljansee in den Mittelpunkt. Grannas Anders Olsson gründet sein Unternehmen, das bis heute besteht, und beginnt, mit einer Bandsäge die Produktion von Dalahästar in Serie. Seine zwei jüngeren Brüder Nils und Jannes helfen ihm nach der Schule. Beispielsweise müssen sie die noch nicht motorisierte Bandsäge bedienen. So helfen sie der armen Familie dabei, über Wasser zu bleiben.

Als diese beiden Brüder gerade einmal 13 beziehungsweise 15 Jahre alt sind, nehmen sie einen Kredit von 400 Reichstalern auf, um sich eine eigene Bandsäge zu kaufen und ein eigenes Unternehmen zu gründen. Bis heute stehen die beiden Konkurrenzunternehmen der Olsson-Brüder in Nusnäs direkt nebeneinander – Grannas A. Olssons Hemslöjd und Nils Olsson Dalahästar.

Zum Zeitpunkt der Gründung der Firmen sind die Dalahästar aber noch immer nur ein regionales Produkt. Wir müssen den Blick nach New York wenden, um den Pferden bei ihrem Durchbruch zuzuschauen. Bei der Weltausstellung in New York im Jahr 1939 ist auch Schweden mit einem Pavillon vor Ort. Vor diesem Pavillon steht ein drei Meter hohes Dalahäst. Die Besucher bewundern es, es wird zu einem kleinen, heimlichen Star und plötzlich ist das Dalahäst ein Symbol für Schweden. Grannas produziert allein im Jahr 1939 20.000 Holzpferde. Heute sind es ungefähr 100.000 pro Jahr.

Bis heute Handwerk: die Herstellung eines Dalahästs

Grannas und Nils Olsson Dalahästar sind bis heute für den Großteil der in Schweden produzierten Holzpferde verantwortlich. Und auch wenn inzwischen Maschinen unterstützend wirken, ist die Herstellung eines Dalahästs noch immer Handwerk aus der lokalen Produktion. Auch das Kiefernholz stammt aus den Wäldern Dalarnas.

Zunächst wird die Form des Pferds mit der Säge ausgesägt. Dann kommt, wie seit jeher, das Messer zum Einsatz. In Heimarbeit schnitzen die Handwerker mit Mora-Messern (morakniv)* aus den grob gesägten Formen die Pferde. Danach wird die Bemalung vorbereitet. Eventuelle Unebenheiten müssen beseitigt werden. Dann nimmt das Dalahäst ein Bad in der Grundfarbe – wenn es nach der Tradition geht, ist das Rot. Sobald es trocken ist, erhält es seine Bemalung. Und zwar frei Hand! Dazu braucht es Geschick und eine sehr ruhige Hand. Jedes Dalahäst ist dadurch aber auch wirklich ein Unikat. Ehe die Holzpferde in den Verkauf gehen können, werden sie noch lackiert.

Dalahästar verkörpern Tradition, kunstvolle Schlichtheit und individuelle Handwerkskunst – dies sind sicherlich die Gründe, weshalb sie heutzutage das Schweden-Souvenir schlechthin sind und Schweden als Ganzes symbolisieren.

Die Dalahäst-Rekorde

Kaufen kannst du sie mittlerweile in ganz Schweden. Der beste Ort, ein Dalahäst zu erwerben, ist aber nach wie vor Nusnäs. Denn hier kommen sie frisch aus der Produktion, wobei du den Schnitzern und Künstlern über die Schulter schauen kannst. Hier einzukaufen ist einfach eindrücklicher als in jedem anderen Souvenirladen. Außerdem bekommst du sie vor Ort in den verschiedensten Größen, Farben – und neben den Pferden auch als Schwein oder Hahn.

Nicht kaufen kannst du die Rekordhalter: Dem Künstler Tomas Holst gelang es, das kleinste Dalahäst der Welt zu schnitzen. Es ist gerade einmal 3,4 Millimeter lang und 2,2 Millimeter hoch. Das größte steht mit stolzen 13 Metern Höhe an einem Rastplatz in Avesta. Dieses ist aber aus Beton. Das größte Holzpferd kannst du in Mora am Ufer des Siljansees bestaunen.

Das größte Dalahäst in Alvesta
Das größte Dalahäst in Alvesta

Kitsch und nur die schwedische Form des Gartenzwegs oder doch eher Handwerkskunst? Was denkst du über die Dalahästar?

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Beitragsbild: Amanda Westerbom / imagebank.sweden.se

  1. Elke Wolf-Verleur

    Es ist schon ein typisch „schwedisches“ Produkt. Vor über 40 Jahren habe ich meiner Familie welche mitgebracht, als ich nach 1 Jahr wieder nach Hause kam. Ich selbst wollte damals kein rotes, eben weil es das „ganz typische“ ist. Ich habe seit damals ein schwarzes und ein naturfarbenes, aber verziertes und lackiertes. Und gerade eben habe ich geschaut, jeweils eins von den Brüdern. Habe ich nie darauf geachtet. Aber mein Lieblingspferd habe ich vor 2 Jahren auf einem Loppis gefunden. Naturbelassen und unlackiert. Ein „Handschmeichler“ Für Schwedenfans gehört ein Dalarhäst irgendwie dazu…
    So wie Astrid Lindgren und die Elche, Selma Lagerlöf und Wallander…

  2. Sandra Raupers-Greune

    Das Dalahäst gehört eben zu Schweden, egal wie es aussieht. Ich habe ein „rohes“ unbemaltes und das typische rote bei mir zu Haus.

  3. Riksdaler (Reichstalern) in 1922… Ich glaube nicht… 🙂

  4. Es wirkt nur auf schwedisch ”riksdaler” (Reichstalern) zu schreiben weil es witzig und altmodisch klingt. Man kann es leider nicht direkt übersetzen.

    • Elchkuss

      Hej Jonas!

      Du hast einerseits natürlich Recht. Seit der Münzreform 1873 gibt es Reichstaler (riksdaler) nicht mehr offiziell, sondern nur noch Kronen. Andererseits kann der Begriff bis heute noch synonym für Kronen verwendet werden, aber eben mit diesem „altmodischen“ Beigeschmack. Genau deswegen habe ich ihn hier eingesetzt. Ganz korrekt müsste es aber natürlich Kronen heißen.
      Danke für den Hinweis!

      Ha det gott!
      /Jo

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