Deutsche mit „Bullerbü“-Syndrom?
Bertold Franke, der frühere Leiter des Stockholmer Goethe-Instituts, hat den Deutschen mal ein „Bullerbü-Syndrom“ attestiert. Sie sähen, wenn sie an Schweden dächten, immer nur heile Småland-Welt mit roten Holzhäuschen, blauen Seen und grünen Wiesen, in der sich alle mögen. Er mag damit durchaus Recht gehabt haben: Das Schwedenbild vieler Deutscher ist massiv von Astrid Lindgren und ihren Geschichten geprägt.
Die Geschichten von Lindgren – nicht nur schöne Kindheitserinnerungen
Aber sind wir doch mal ehrlich: Wenn wir durch Småland fahren, dann kommen eben alte Kindheitserinnerungen an Michel, Madita und die Kinder von Bullerbü. Wenn wir in Stockholm nach oben zu den Dächern sehen, dann wünschen wir uns insgeheim, dass da plötzlich ein kleines, dickes Karlsson mit einem Propeller auftaucht. Und auf Gotland ist ein Besuch bei der Villa Kunterbunt ebenso Pflicht wie in Vimmerby in „Astrid Lindgrens Värld“.
Ich denke aber nicht, dass wir dadurch nur ein romantisches Kitschbild von Schweden haben; es sind vielmehr schöne Erinnerungen, die da hochkommen: an die eigene Kindheit, in der man Lindgrens Bücher verschlungen hat, an das Gefühl von Freiheit, das Pippi auf herrlichste und frechste Weise auslebt, an so viel Witz und Fantasie, die in ihren Büchern stecken. Da darf man gerne ins Träumen kommen. Und wenn dann jemand sagt, man habe ein „Bullerbü-Syndrom“, dann soll es gerne so sein – es gibt schlimmere Krankheiten.
Im Winter 2018 kam der Film „Astrid“ in die deutschen Kinos, der vom schwierigen Leben der jungen Astrid Lindgren erzählt. Der Besuch lohnt sich, wie unsere Rezension des Films zeigt.
Beitragsbild: Lena Granefelt / imagebank.sweden.se